Sonntag, 31. Oktober 2010

The Social Network (Kino) | 19. Oktober 2010

US — 2010 | Regie: David Fincher (...)

The Social Network Poster (DE)David Fincher, der wohl schon zur Gruppe der fähigsten Regisseure unserer Zeit zählen dürfte und Aaron Sorkin, der mich vor allem als Schöpfer & Drehbuchautor der großartig hintergründigen Politserie The West Wing beeindruckte, tun sich für einen Film über Facebook zusammen ... aufgrund meiner Meinung über die beiden Talente gehörte der eigentlich ins Pflichtprogramm, wenn ich mir auch erst mal nur schwer vorstellen konnte, was mich inhaltlich daran interessieren könnte. Persönliches Desinteresse kann allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich die mit nach eigenen Angaben seit Juli dieses Jahres einer halben Milliarde Benutzerkonten ausgestattete Web-2.0-Plattform im WWW durchgesetzt hat. Grund genug für einen Streifen über die Entstehung und Macher eines Phänomens, bei dem Menschen bereitwillig unter anderem Privates & Persönliches einer breiten Internet-Öffentlichkeit zugänglich machen ...? Definitiv ja. Das soziale Netzwerk beschäftigt sich mit den "offline"-Beweg- & Hintergründen, die in Rückblenden aus zwei eidesstattlichen Vernehmungen heraus beleuchtet werden, auf denen der Film neben dem Buch "Milliardär per Zufall (...)" von Ben Mezrich basiert. Gewünscht hätte ich mir (viel) mehr zu dem angesprochenen "online"-Phänomen. So ist das Ganze im Wesentlichen ein tragisch-flottes Sorkin-Portrait des einsamen IT-Nerds und Facebook-Gründers Mark Zuckerberg, seiner (Mit-)Streiter und einer geldwerten Erfindung, deren New-Economy-Erfolg aus Spaß Ernst werden sowie die Charaktere hinter den Beteiligten erkennen lässt. "Fundamentally, you could tell the same story about the invention of a really good toaster.", so Sorkin in dem lesenswerten Artikel des New York Magazines in dem auch seine skeptische Zurückhaltung bezüglich des Internets und dessen moderner Kommunikationsmöglichkeiten deutlich wird. Auf der Basis konnten meine Erwartungen also gar nicht erfüllt werden. Handwerklich ist das vom ersten bis zum letzten Frame in allen Belangen feinstes Kino. Fincher ist da schlicht eine Bank. Die Kollaboration beim Soundtrack mit Neun-Zoll-Nägel-Mann Trent Reznor samt Kollege Atticus Ross unterstützt perfekt — einen 5-Stücke-Einblick gibt's hier zum freien Herunterladen. Auf die Zweitsichtung dieses allgemein hochgelobten Films über die iGeneration, der mir leider nicht so viel Neues erzählt hat wie ich erwartete, freu' ich mich trotzdem schon.

» Vue en blog. August-Oktober|10

Seriell ...
... gesehen, tat sich über die Gesamtlaufzeit dieses Eintrages nicht allzu viel. Die 4. beziehungsweise 5. Saison bei den Gilmore Girls aus dem fiktiven Stars Hollow, Connecticut, ist beendet. Die 6. Staffel von Seinfeld ebenfalls, es läuft die vierte der chaotisch-neurotischen New-York-Sitcom. Hier & da gibt's King Of The Hill, M*A*S*H, Disneys Donald Duck dieser DVD und/oder abends gerne mal Comedy Central im TV.

August 2010:
8.| Elling (NO — 2001 | Regie: Petter Næss)
Ein norwegischer Männerfilm über zwei ungleiche und unfreiwillig gut klarkommende Außenseiter,
der einmal mehr (!) offenbart, dass die Skandinavier ein unglaubliches Händchen fürs Zwischen-
menschliche und "-menschelnde" haben ohne auch nur ansatzweise kitschig zu sein. Hut ab, und
gerne mehr.
| Kaze No Tani No Naushika (JP — 1984 | Regie: Hayao Miyazaki)
Mein erster vollends bewusster Kontakt mit dem Werk des Sensei des japanischen Animations-
films. Ohne jetzt hier viele Worte zu verlieren: Ich war restlos begeistert, freue mich tierisch
auf eine hoffentlich gelungene BD-Veröffentlichung vom britischen Optimum-Label (zu gegebener
Zeit dazu dann "mehr" Worte) und die weiteren Filme des Studio Ghibli, das nach dem [finan-
ziellen] Erfolg von Nausicaä 1985 gegründet wurde. Und damit ich ihn einfach hier im Blog habe
noch folgender Link: The Hayao Miyazaki Web.

Studio Ghibli Logo

20.| Frailty (DE·IT·US — 2001 | Regie: Bill Paxton)
Mir fällt zu Paxtons Spielfimregiedebüt irgendwie nur das Wort "solide" ein. Nicht komplett
spannungsfrei, aber relativ durchschaubar ist die Inszenierung, das Schauspiel zu stereotyp
(Ausnahmen bilden die beiden Jungdarsteller!). Aus dem verzweifelten Aufbäumen des älteren
Sohnes gegen seinen verblendeten Vater wird für meine Begriffe zu wenig gemacht. Der
Überraschungseffekt des Endes konnte mich dann auch nicht mehr richtig überzeugen.
21.| American Splendor (US — 2003 | Regie: Shari Springer Berman & Robert Pulcini)
Da hatte sich der Besuch im Jüdischen Museum sogar noch mehr gelohnt: "Ordinary life is pretty
complex stuff."
... Zumindest laut des liebenswert verschrobenen Individualisten Harvey Pekar
aus Cleveland, Ohio, der in Web-2.0-absenten Zeiten Mitte der '70er im Alter von 37 Jahren den
Comic endlich als seine Ausdrucksform entdeckt. "Amerikanischer Glanz" verhilft Pekar zu Gloria,
einer Lebenspartnerin, denkwürdigen Auftritten bei Letterman und diesem einzigartigen Film.
Ein lebendiges Biopic der etwas anderen, interessanteren (Mach-)Art. Klasse! Paul Giamatti auch.
29.| Joy Ride (US — 2001 | Regie: John Dahl)
Scherze mit rostigen Nägeln können böse enden. Diese Erfahrung muss zumindest ein ungleiches
Bruderpaar und ihre Freundin machen als sie sich mit einem Truck & seinem brutal hartnäckigen
Fahrer anlegen. J.J. Abrams (u.a.) präsentiert da eine feine Mischung aus flockigem Road-Movie-
Horror-Thriller, der sehr gut ohne Ekel und mit Steve Zahn samt Lachern auskommt — auch wenn
die einem nach & nach im Hals stecken bleiben. :) Macht Lust auf Spielbergs Duel ...
September 2010:
4.| A Change Of Seasons (US — 1980 | Regie: Richard Lang)
Was als ernstes (lässt man den feucht-fröhlichen Vorspann mal beiseite) und mit Shirley MacLaine
und Anthony Hopkins gut besetztes Ehedrama beginnt, entwickelt sich zu einem interessanten
"Was wäre wenn ...?"-Szenario, um im letzten Drittel als offensichtlich freiwillig komödiantische
Farce zu enden, was ich ehrlich gesagt schade fand. Immerhin beweist die Schlussszene wieder
etwas mehr Mut. Frau MacLaine macht erneut durchgängig Spaß und eine bezaubernde Figur!
Fürs Drehbuch, Hopkins mit gediegener Hornbrille und den Originalsong von Henry Mancini gab's
1981 jeweils 'ne Nominierung für die ersten Goldenen Himbeeren.
5.| In Bruges BD (GB·US — 2008 | Regie: Martin McDonagh)
"Purgatory's kind of like the in-betweeny one. You weren't really shit, but you weren't all that
great either. Like Tottenham."
Oder Brügge. Auch eines dieser pittoresken (um nicht zu sagen
märchenhaften) "Venedigs des Nordens" und damit nix für Ray (Colin Farrell), der nach einem
missglückten Auftrag zusammen mit seinem älteren Berufskiller-Kollegen Ken (Brendan Gleeson) in
der flandrischen Stadt untertaucht. Die vermeintlich beschauliche Auszeit wird für die beiden
Iren und ihren Boss Harry (Ralph Fiennes) zu einer Zeit der Läuterung ...
"We shall strike a balance between culture and fun." Unter dieses von Ken ausgegebene Motto
könnte man auch das Spielfilmregiedebüt des irischstämmigen, 2006 mit einem Kurzfilm-Oscar
ausgezeichneten Theaterautors McDonagh stellen. Das Ganze erinnert an zeitgenössische
Gangsterfilme à la Tarantino oder Ritchie; besonders wird's für meine Begriffe durch den
subtileren Humor und die ebensolche Inszenierung, vor allem aber durch die kulturellen Bezüge &
Kontraste sowie den existenziell-dramatischen Hintergrund. Plus der wirklich hervorragenden
Schauspielerleistungen (vor allem die Farrells) ergibt das vollmundigen Filmgenuss! Topp.
| Terms Of Endearment (US — 1983 | Regie: James L. Brooks)
Ich rede jetzt gar nicht lange um den heißen Brei herum: Ich bin kaum warm geworden mit
dieser Romanverfilmung. Charaktere und Drehbuch erschienen mir irgendwie viel zu statisch.
Stationen im Leben der beiden Mutter-/Tochter-Protagonistinnen werden abgeklopft, Höhen &
Tiefen dargestellt ... wirklich mitgenommen hat mich das bis auf wenige Ausnahmen nicht. Ein
Schicksalsschlag kommt aus dem Nichts, eine "dramatische Abkürzung zur Tragödie" habe ich
irgendwo gelesen. Die hat mich allerdings (hauptsächlich dank Winger) berührt. So wie
offensichtlich viele der komplette Film: Er war kommerziell erfolgreich und die positiven Kritiken
überwiegen bei Weitem. Es gab u.a. 5 Oscars aus 11 Nominierungen. Mein Fall war es nicht. Ohne
das Charisma von MacLaine und Nicholson wäre es über die Länge ein "Durchsitzen" gewesen.
8.| The Story Of Stuff Kurzfilm (US — 2007 | Regie: Louis Fox)
Den rund 20-minütigen, kritischen & kurzweiligen Kurzfilm der US-Aktivistin Annie Leonard über
den modernen Konsumgüter"zyklus" respektive unsere Rolle als Verbraucher darin, kann man sich
neben vielen weiteren Infos zu dem Projekt hier ansehen > http://storyofstuff.org/.
Ich komme auch mal mit dem Spruch um die Ecke, dass das für einen Mitteleuropäer vielleicht
nicht mehr der große Augenöffner ist, trotzdem fand ich's informativ und grundsätzlich lohnend,
sich die Zusammenhänge noch mal - und immer wieder - bewusst zu machen. Die Reduktion in der
Präsentation und Darstellung der Fakten ist m.M.n. sinnvoll, um ein großes Publikum zu erreichen;
gleichzeitig bietet diese Art & Weise Kritikern natürlich eine große Angriffsfläche. Mein
"Highlight" war ein Zitat des US-Ökonoms Victor Lebow aus dem Jahr 1955 — dort schreibt er
unter der Absatzüberschrift "The Real Meaning of Consumer Demand":

Our enormously productive economy demands that we make consumption our way of life, that we convert the buying and use of goods into rituals, that we seek our spiritual satisfactions, our ego satisfactions, in consumption. The measure of social status, of social acceptance, of prestige, is now to be found in our consumptive patterns. The very meaning and significance of our lives today expressed in consumptive terms. The greater the pressures upon the individual to conform to safe and accepted social standards, the more does he tend to express his aspirations and his individuality in terms of what he wears, drives, eats- his home, his car, his pattern of food serving, his hobbies.

These commodities and services must be offered to the consumer with a special urgency. We require not only “forced draft” consumption, but “expensive” consumption as well. We need things consumed, burned up, worn out, replaced, and discarded at an ever increasing pace. We need to have people eat, drink, dress, ride, live, with ever more complicated and, therefore, constantly more expensive consumption. (...)

Wenigstens 'ne offene Ansage. Und leider immer noch erschreckend aktuell.
10.| Män Som Hatar Kvinnor BD (DE·DK·NO·SE — 2009 | Regie: Niels Arden Oplev)
Meine Anmerkungen zur Erstsichtung sind zum Zeitpunkt dieser Eintragung hier noch nicht
geschrieben, da gibt's schon 'ne Zweitsichtung ... "Männer, die Frauen hassen" (der deutsche
Titel: Verblendung) ist skandinavische Thrillerkost der allerfeinsten Sorte. Die Adaption des
ersten Teils der internationalen Bestseller-Trilogie des schwedischen Journalisten Stieg Larsson
(† 2004) fesselt durch eine hochdichte Atmosphäre, in der ein thematisch wie charakterlich
komplexes und brisantes Beziehungsgeflecht aufgespannt wird. Kein Wunder, dass sich der Welt
größte Filmindustrienation einer Neuverfilmung unter David Fincher (!) angenommen hat — ich
bin gespannt. Genauso wie auf die beiden folgenden Teile [siehe unten] bzw. die ursprünglichen
Bücher, die ich mir auf dringliches Anraten meiner Freundin auch mal durchlesen sollte.
18.| Dr. Strangelove Or: How I Learned To Stop Worrying And Love The Bomb* BD (GB·US — 1964 |
Regie: Stanley Kubrick)
Meine Güte, endlich diese BildungsSichtungslücke in der Kubrickschen Filmografie geschlossen —
Klick auf Filmtitel für den Einzelbeitrag. Dass der nachfolgende Film thematisch auch ums Atom
kreist, war ein reiner, aber irgendwie interessanter Zufall:
19.| Ikimono No Kiroku (JP — 1955 | Regie: Akira Kurosawa)
Bilanz eines Lebens - Ein Leben in Furcht (so die deutschen Titel) ist ein in erster Linie individuell
familiäres, aber auch gesellschaftliches Drama im Nachkrieg-Tokio, das mich vor allem durch
seine sorgfältige Ausgewogenheit beeindruckte. In der Darstellung des durch die starre Angst
des Hauptcharakters vor nuklearer Bedrohung aufgeworfenen Konflikts zwischen ihm und seiner
Familie gibt es kein eindeutiges Richtig oder Falsch, kein Partei ergreifen. Die mensch-gemachte
Ursache der Angst (wie ein mit Atomwaffen geführter Krieg) und was diese wiederum mit und aus
einem Menschen machen kann, das ist die Tragödie ... "Ich frage mich dann oft, ob der Verrückte
wirklich verrückt ist. Oder ob wir es nicht sind, die wir glauben in einer verrückten Welt uns
unseren Verstand bewahrt zu haben."

24.| Spoorloos (FR·NL — 1988 | Regie: George Sluizer)
Die Romanvorlage kenne ich nicht, aber diese Adaption ist in jedem Fall ein inhaltlich äußerst
packendes Stück Film. Kontrovers und vor allem konsequent und damit schon mal weit weg von
hollywoodscher Massenkompatibilität. Die Komplexität und drehbuchtechnische wie
schauspielerische Darstellung des Charakters (große Klasse: Bernard-Pierre Donnadieu) des
Naturwissenschaftlers/Familienvaters/Soziopathen empfand ich als [hochgradig] faszinierend ...
auf ihm liegt im Gegensatz zum vergleichsweise popeligen Remake desselben Regisseurs der
Fokus und man kann ausführlich diskutieren. Aus so einer Diskussion habe ich mir einige Notizen
gemacht, die ich hier im Blog unterbringen wollte, stelle aber jetzt fest, dass das in der Kürze
dem Ganzen nicht nur kaum gerecht, sondern den Film"genuss" auch einengen würde. Als Fazit
bleibt: Absolute Sehempfehlung und eigene Meinungsmache.
Oktober 2010:
10.| Die tödliche Maria (DE — 1993 | Regie: Tom Tykwer)
Tykwers erster Spielfilm ist ein hoffnungslos zurückgezogenes Einzelgängerportrait, das
gleichzeitig das Innenleben seiner vernachlässigten Protagonistin/-en film- & kameratechnisch
fast überbordend darstellt. Viele Markenzeichen des Wuppertalers zeichnen sich hier schon
intensiv ab, um einen klaustrophobisch immer tiefer ins Geschehen hineinzuziehen. Zusammen
mit den Schauspielerleistungen sowie dem Erstlingscharakter zählt Die tödliche Maria für mich
zu Tykwers beeindruckendsten Filmen.
| Flickan Som Lekte Med Elden BD (DE·DK·SE — 2009 | Regie: Daniel Alfredson)
&
11.| Luftslottet Som Sprängdes BD (DE·DK·SE — 2009 | Regie: Daniel Alfredson)
"Das Mädchen, das mit dem Feuer spielte" & "Das Luftschloss, das gesprengt wurde" (die
deutschen Titel: Verdammnis bzw. Vergebung) gehören inhaltlich direkt zusammen und bilden
den Abschluss der sog. Millennium-Trilogie von Stieg Larsson. Beide Adaptionen legen den
Schwerpunkt klar auf den Charakter Lisbeth Salander (herausragend verkörpert von der
30-jährigen Noomi Rapace), ihre vielschichtig verflochtene Geschichte, den Kampf um die
Herstellung ihrer bürgerlichen Mündigkeit & Ehre und nicht zuletzt auch auf ihr Ringen,
Menschen vertrauen zu lernen ... die gesellschaftlich-politische Dimension der Romane wird auf
ein notwendiges Maß gestutzt. Mikael Blomkvist (kaum weniger charmant dargestellt von
Michael Nyqvist) bzw. die Arbeit für dessen investigatives und titelgebendes Journal Millennium
wird dann vielleicht in der 6-teiligen und im Vergleich zu den drei Filmen um rund zwei Stunden
längeren TV-Serie etwas mehr beleuchtet, die hoffentlich bald im ZDF ausgestrahlt wird — ich
freu' mich drauf. Die Kinofassungen unterhielten jedenfalls schon mal bestens! Chapeau, Stieg
Larsson ... mal sehen, wann ich zu den Büchern greife.
14.| Good Bye Lenin! (DE — 2003 | Regie: Wolfgang Becker)
Warum gibt es eigentlich derart viel Mauerfall-Mediales, das sich fast ausschließlich mit der
Assoziation DDR = Unrechtsstaat beschäftigt ...?
Vor dem Hintergrund einer rührenden (nicht rührseligen), familiären Geschichte wird hier auf
eine nicht unkritische und augenzwinkernde, aber auch schön-sentimentale und unverkrampfte
Art der Berliner Osten & seine Menschen vor, nach & im Leben mit der westlichen Wende - die
aus dem Osten kam - dargestellt. Ohne die vermeintlich permanent über den Köpfen der Leute
schwebende SED- oder Stasi-Wolke. Dafür mit Voice-over, passender Filmmusik von Yann Tiersen,
tollen Schauspielern und einer schlicht guten Atmosphäre. Gut gemacht, Herr Becker. :)
20.| Neko No Ongaeshi (JP — 2002 | Regie: Hiroyuki Morita)
Dieses märchenhafte, eher leichtfüßig angelegte Abenteuer der jugendlichen Haru im Königreich
der Katzen
war der schwächste der knappen Hand voll Ghibli-Titel, die ich bisher gesehen habe.
Das mag sich jetzt dramatischer anhören als es ist, denn die Geschichte, ihre Animation und
Musik sind "trotzdem" auf hohem Niveau und absolut seh- bzw. hörenswert. Ein wohlig-
befriedigendes Gefühl, das ich eigentlich bei allen bisherigen Ghiblis hatte, stellte sich allerdings
nicht ein ...
| Mimi Wo Sumaseba (JP — 1995 | Regie: Yoshifumi Kondo)
... bei diesem Film aber. Das Drehbuch stammt von Miyazaki und in Whisper Of The Heart (der
englische Titel) schafft er es wiederholt, teilweise verschüttgegangene (Jugend)Erinnerungen
ganz wunderbar einzufangen. Das Erwachsenwerden, erste Schritte in die eigene Unabhängigkeit,
die erste Liebe ... schön zuzugucken, wie die junge Shizuku das alles erlebt, zudem für alle Sinne
meisterhaft inszeniert — toll. Wenn ich ein Beispiel für das Erzählertalent Miyazakis nennen
müsste, würde ich momentan folgendes wählen: In diesem Film hier gelingt es ihm - nebst
Regisseur Kondo natürlich -, einer vorkommenden, unbeweglichen Katzenstatuette mehr Leben
einzuhauchen als in dem eins drüber beschriebenen Königreich der Katzen, wobei dort dem
hinter der Statue steckenden Charakter (Baron Humbert von Gikkingen) eine eigenständige
(Sprech-)Rolle spendiert wird ... Ghibli Magic.
21.| Nachtgestalten (DE — 1999 | Regie: Andreas Dresen)
Ein Bauer sucht eine Frau. Zwei Penner suchen ein Zimmer. Ein Geschäftsmann findet ein Kind.
Und der Papst ist in der Stadt. Vier Sätze aus dem Trailer, die die trockene Melancholie dieses
dreiteiligen Großstadtschicksale-Kaleidoskops andeuten. Die Gratwanderung im Grenzland
zwischen Komik und Tragik beherrscht Dresen so lässig wie kaum ein Zweiter. Das facetten- &
symbolreiche Drehbuch samt Ausführung hat mich ziemlich überzeugt. Das Ende war perfekt.
Einer der besten deutschen Filme, die ich bisher gesehen habe. Und überregional braucht der
sich auch nicht zu verstecken.
22.| Elsker Dig For Evigt (DK — 2002 | Regie: Susanne Bier)
Dogmatisches aus Dänemark. Vier Jahre vor Nach der Hochzeit tat sich Susanne Bier für diesen
Film zum ersten Mal mit Drehbuchautor & Landsmann Anders Thomas Jensen zusammen. Was
dabei herausgekommen ist, ist eine Dogma-typisch hautnahe und gefühlsweltlich nichts
unterschlagende Paarbindungssituation, die die Leben der Beteiligten dramatisch aus der Bahn
wirft. Open Hearts (englischer Titel) auch beim Zuschauer erwünscht — der Weg ist das Ziel bei
offenem Ende ...
24.| Majo No Takkyûbin (JP — 1989 | Regie: Hayao Miyazaki)
Zwar nach Bibi Blocksberg, aber vor Harry Potters erstem Jahr in Hogwarts, schickt Hayao
Miyazaki ein selbstbewusstes, aber noch unbedarftes 13-jähriges Mädchen in ihr pflichtmäßiges
Ausbildungsjahr für angehende Hexen fern der Heimat. In einer sehr europäisch anmutenden
Großstadt macht Kiki in Begleitung ihres sprechenden Katers ihre Erfahrungen und lernt durch
ihren kleinen Lieferervice nicht nur junge & alte Menschen, sondern auch sich besser kennen.
Miyazaki erschafft sich mit den ihm eigenen Markenzeichen seine Traumwelten und es ist immer
wieder verzaubernd, in diese miteinzutauchen. Kiki bildet da keine Ausnahme — ein Schmaus in
vielerlei Hinsicht. Einfach schön.
| Yôjinbô (JP — 1961 | Regie: Akira Kurosawa)
Nach dem kontemporären Nachkriegsdrama Ikimono No Kiroku (siehe 19.09. dieses Beitrags) ist
Yojimbo - Der Leibwächter der zweite Film des japanischen Meisterregisseurs, den ich bis jetzt
gesehen habe. Unter anderem Ähnlichkeiten mit dem bis dato unverfilmten Roman "Rote Ernte"
von Dashiell Hammett aufweisend, stand der historische Ken-geki über einen herrenlosen Samurai,
der zwei eine Stadt lähmende Gangsterbanden geschickt gegeneinander ausspielt, Pate für so
bekannte Neuverfilmungen wie Last Man Standing (1996) oder Per Un Pugno Di Dollari (1964).
Interessant, wenn auch in Teilen ungewohnt war's, dem Original zuzugucken. Mit so viel
Komödienhaftem hatte ich gar nicht gerechnet. Das übertriebene und clownmäßige Schauspiel
der Mehrzahl der Ganoven ist aber wohl Programm: Simpel zu manipulierende Kleingeister, die für
einen Mann mit Überblick ein gefundenes Fressen sind. Diese Rolle bestreitet Toshirô Mifune in
wahrlich imposanter Manier — einen solchen wortkarg-kaltschnäuzigen Aufräumer wünscht man
sich, wenn das Kalter-Krieg-ähnelnde Säbelrasseln ein normales Leben erschwert. Audiovisuell hat
mir das alles von Beginn an sehr gefallen. Auf meine Gedanken bei der Zweitsichtung bin ich
gespannt und freue mich schon jetzt darauf. Gutes Zeichen.
29.| The Philadelphia Story (US — 1940 | Regie: George Cukor)
Kurzweilige, auf einem Theaterstück basierende "Drum prüfe, wer sich ewig bindet"-Screwball-
RomCom aus Hollywoods Goldener Ära mit den großen Namen Katharine Hepburn, James Stewart
und Cary Grant. Die Offenbarung war für mich Letztgenannter: Der Brite hat mich hier zum
ersten Mal schauspielerisch wirklich überzeugt.
31.| Shutter Island OV BD (US — 2010 | Regie: Martin Scorsese)
Marty goes Mystery. Mit einigen Hitchcock-Anleihen nimmt sich Scorsese der Adaption des
Romans von Dennis Lehane (Mystic River) an. Die Umsetzung dieses mit traumatischen
Rückblenden durchsetzten '50er-Jahre-Thrillers zog mich ziemlich in ihren psychotischen Bann.
Schuld daran war die dichte Atmosphäre, die auch durch das Eiland-Setting, äußerst stilvolle
Kameraarbeit und Musik und nicht zuletzt durch die Schauspieler erzeugt wurde. Die Auflösung
ist erschütternd ... "Which would be worse, to live as a monster or to die as a good man?"
Ein feiner Film. Das Bild der BD war fantastisch.
[Für 100% Hitch aus Scorseses Hand sollte man sich unbedingt den brillanten Werbekurzfilm The Key To Reserva
(IMDb) angucken. Grandios.]

Schicht.