E·I — 1966 | Regie: Sergio Sollima (...)
In den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts erblicken drei Sergios in Rom das Licht der Welt, die ab der zweiten Hälfte der sechziger Jahre das Westerngenre quasi im Alleingang neu erfinden und mit ihren "Western all'Italiana" die meist unerreichten Prototypen einer ganzen Flut von Filmen darstellen — ohne 'Ausnahmen, die die Regel bestätigen' zu unterschlagen (Petroni, Parolini oder auch Castellari): die Rede ist von Leone, Corbucci und Sollima.
Deren staubig-verschwitzte Italowestern räumen gründlich auf mit den Mythen der Eroberung des amerikanischen Westens während des 19. Jahrhunderts und verwischen mit Brutalität und Zynismus die Grenzen zwischen "den Guten & den Bösen". Archetypische Charaktere, exzellente Drehbücher, eine einzigartige und innovative Kameraführung und nicht zuletzt mitreißende Filmmusik sind einige Punkte, die nicht nur dieses Genre revolutionierten und es bis heute unsterblich machen ...
Sergio Sollima (Jahrgang 1921) ist seit seiner Kindheit ein eifriger Kino- & Theaterbesucher. Im Alter von 19 tritt er dem Centro Sperimentale di Cinematografia bei, doch der Zweite Weltkrieg verhindert seinen Abschluss dort. Dem Wehrdienst kann er dank der Fürsprache des Direktors des Centros entgehen; seine ersten Meriten in der Filmbranche verdient er sich als Dokumentarfilmer für das Ministerium für Kriegspropaganda und als Autor bei dem von Vittorio Mussolini, dem Sohn des Duce, geleiteten Magazin Cinema, dessen Führungspersönlichkeiten größtenteils Antifaschischten und teilweise sogar Kommunisten sind — eine "typisch absurde italienische Besonderheit" wie Sollima selbst sagt. Diese Erfahrungen und die Tatsache, dass er noch zu Studienzeiten im Alter von 21 von seiner Freundin an das Regime verraten wird, prägen ihn nachhaltig und bilden die ideologische Basis bzw. Motivation für viele seiner Filme — auch und vor allem seiner Western.
Nach dem Krieg schreibt er erfolgreich Drehbücher für das Theater, so dass in der Folge auch Filmschaffende auf ihn aufmerksam werden. Sein Freund Sergio Leone stellt ihm schließlich dessen Produzenten Alberto Grimaldi vor, mit dem er dann (auch 1966) sein drittes & letztes Bond-Plagiat verwirklicht.
Nach dieser Agentenfilm-Serie ist es Grimaldi, der Sollima das Solinas-Drehbuch "Il Falco e la Preda" ("Der Falke und das Opfer"; vgl. das spanische Filmplakat) anbietet. Sollima arbeitet es nach seinen Vorstellungen um und La Resa Dei Conti (frei übersetzt: "Die Schlussrechnung"; deutscher Filmtitel: Der Gehetzte der Sierra Madre) wird der erste von drei aufeinanderfolgenden Sollima-Western.
Der alternde, stets als verlängerter Arm des Gesetzes agierende und geachtete Kopfgeldjäger Jonathan Corbett (Italowestern-Veteran Lee Van Cleef) lässt sich darin vor den Karren eines wohlhabenden Spekulanten spannen, der Corbett zu einem Senatorposten verhelfen will, damit dieser von höchster Stelle aus seine Eisenbahnbaupläne unterstützen kann. Corbett willigt im Glauben an die grundsätzlich gute Sache ein, soll allerdings vorher noch den Mexikaner Cuchillo 'Das Messer' Sanchez zur Strecke bringen, einen beschuldigten Vergewaltiger und Mörder einer Minderjährigen. Chuchillo (Tomas Milian) gelingt es im Verlaufe der Jagd ein ums andere Mal, Corbett zu entwischen bzw. ihn bei ihren diversen Begegnungen davon zu überzeugen, dass die Dinge anders liegen als sie scheinen ...
Der Film macht so viel Laune, dass ich ihn gleich drei Mal in Folge geguckt habe ... das Drehbuch lässt keine einzige Sekunde Langeweile aufkommen und ist genauso verschmitzt-intelligent & abwechslungsreich wie das von dem wirklich großartig aufspielenden Kubaner Milian verkörperte Schlitzohr Cuchillo. Milian, eigentlich aus dem "seriösen Fach" kommend, spielt hier seine zweite Italowestern-Rolle — viele sollten folgen. Sollima zeigt mit der episodenhaften Darstellung und den Ereignissen während der Hetzjagd sowie den Charakterentwicklungen seine Herkunft als Mann des Theaters und gleichzeitig sein Auge für Strukturen einer Gesellschaft und deren teilweise verschrobener Moral. Es ist einfach nur interessant zu beobachten, wie sich das Verhältnis zwischen Jäger & Gejagtem, zwischen Herrschenden & Beherrschten bis hin zum grandiosen Finale entwickelt und der einfache Cuchillo Corbett zu späten Einsichten verhilft — großes Kino!
Muss ich eigentlich noch erwähnen, dass Morricone dem Ganzen auch wieder magische musikalische Momente verleiht?!
Diese Kritik hier bezieht sich übrigens auf die ungeschnittene Fassung mit einer Lauflänge von 105 Minuten, doch dazu später mehr.
In den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts erblicken drei Sergios in Rom das Licht der Welt, die ab der zweiten Hälfte der sechziger Jahre das Westerngenre quasi im Alleingang neu erfinden und mit ihren "Western all'Italiana" die meist unerreichten Prototypen einer ganzen Flut von Filmen darstellen — ohne 'Ausnahmen, die die Regel bestätigen' zu unterschlagen (Petroni, Parolini oder auch Castellari): die Rede ist von Leone, Corbucci und Sollima.
Deren staubig-verschwitzte Italowestern räumen gründlich auf mit den Mythen der Eroberung des amerikanischen Westens während des 19. Jahrhunderts und verwischen mit Brutalität und Zynismus die Grenzen zwischen "den Guten & den Bösen". Archetypische Charaktere, exzellente Drehbücher, eine einzigartige und innovative Kameraführung und nicht zuletzt mitreißende Filmmusik sind einige Punkte, die nicht nur dieses Genre revolutionierten und es bis heute unsterblich machen ...
Sergio Sollima (Jahrgang 1921) ist seit seiner Kindheit ein eifriger Kino- & Theaterbesucher. Im Alter von 19 tritt er dem Centro Sperimentale di Cinematografia bei, doch der Zweite Weltkrieg verhindert seinen Abschluss dort. Dem Wehrdienst kann er dank der Fürsprache des Direktors des Centros entgehen; seine ersten Meriten in der Filmbranche verdient er sich als Dokumentarfilmer für das Ministerium für Kriegspropaganda und als Autor bei dem von Vittorio Mussolini, dem Sohn des Duce, geleiteten Magazin Cinema, dessen Führungspersönlichkeiten größtenteils Antifaschischten und teilweise sogar Kommunisten sind — eine "typisch absurde italienische Besonderheit" wie Sollima selbst sagt. Diese Erfahrungen und die Tatsache, dass er noch zu Studienzeiten im Alter von 21 von seiner Freundin an das Regime verraten wird, prägen ihn nachhaltig und bilden die ideologische Basis bzw. Motivation für viele seiner Filme — auch und vor allem seiner Western.
Nach dem Krieg schreibt er erfolgreich Drehbücher für das Theater, so dass in der Folge auch Filmschaffende auf ihn aufmerksam werden. Sein Freund Sergio Leone stellt ihm schließlich dessen Produzenten Alberto Grimaldi vor, mit dem er dann (auch 1966) sein drittes & letztes Bond-Plagiat verwirklicht.
Nach dieser Agentenfilm-Serie ist es Grimaldi, der Sollima das Solinas-Drehbuch "Il Falco e la Preda" ("Der Falke und das Opfer"; vgl. das spanische Filmplakat) anbietet. Sollima arbeitet es nach seinen Vorstellungen um und La Resa Dei Conti (frei übersetzt: "Die Schlussrechnung"; deutscher Filmtitel: Der Gehetzte der Sierra Madre) wird der erste von drei aufeinanderfolgenden Sollima-Western.
Der alternde, stets als verlängerter Arm des Gesetzes agierende und geachtete Kopfgeldjäger Jonathan Corbett (Italowestern-Veteran Lee Van Cleef) lässt sich darin vor den Karren eines wohlhabenden Spekulanten spannen, der Corbett zu einem Senatorposten verhelfen will, damit dieser von höchster Stelle aus seine Eisenbahnbaupläne unterstützen kann. Corbett willigt im Glauben an die grundsätzlich gute Sache ein, soll allerdings vorher noch den Mexikaner Cuchillo 'Das Messer' Sanchez zur Strecke bringen, einen beschuldigten Vergewaltiger und Mörder einer Minderjährigen. Chuchillo (Tomas Milian) gelingt es im Verlaufe der Jagd ein ums andere Mal, Corbett zu entwischen bzw. ihn bei ihren diversen Begegnungen davon zu überzeugen, dass die Dinge anders liegen als sie scheinen ...
Der Film macht so viel Laune, dass ich ihn gleich drei Mal in Folge geguckt habe ... das Drehbuch lässt keine einzige Sekunde Langeweile aufkommen und ist genauso verschmitzt-intelligent & abwechslungsreich wie das von dem wirklich großartig aufspielenden Kubaner Milian verkörperte Schlitzohr Cuchillo. Milian, eigentlich aus dem "seriösen Fach" kommend, spielt hier seine zweite Italowestern-Rolle — viele sollten folgen. Sollima zeigt mit der episodenhaften Darstellung und den Ereignissen während der Hetzjagd sowie den Charakterentwicklungen seine Herkunft als Mann des Theaters und gleichzeitig sein Auge für Strukturen einer Gesellschaft und deren teilweise verschrobener Moral. Es ist einfach nur interessant zu beobachten, wie sich das Verhältnis zwischen Jäger & Gejagtem, zwischen Herrschenden & Beherrschten bis hin zum grandiosen Finale entwickelt und der einfache Cuchillo Corbett zu späten Einsichten verhilft — großes Kino!
Muss ich eigentlich noch erwähnen, dass Morricone dem Ganzen auch wieder magische musikalische Momente verleiht?!
Diese Kritik hier bezieht sich übrigens auf die ungeschnittene Fassung mit einer Lauflänge von 105 Minuten, doch dazu später mehr.
"An Ihrer Stelle würde ich sagen: Lassen wir den armen Hund laufen, er hat's schwer genug ..."
"Hm ... an Deiner Stelle würd' ich das auch sagen, das ist verständlich. Aber Du wirst doch nicht so einfältig sein zu glauben, dass ich Dich laufen lasse."
"Hm ... an Deiner Stelle würd' ich das auch sagen, das ist verständlich. Aber Du wirst doch nicht so einfältig sein zu glauben, dass ich Dich laufen lasse."
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