HK·USA — 1982 | Regie: Sir Ridley Scott (...)
Es gibt Filme, die ihre Magie & Anziehungskraft über all die Jahre nicht verlieren und dazu gehört eindeutig Blade Runner. Wann meine erste Sichtung war, erinnere ich leider nicht mehr (bin mir nur relativ sicher, dass es vor dem Director's Cut von 1992 war) — an was ich mich aber erinnere, ist diese unglaublich dichte visuelle & akustische Atmosphäre, die sich einem ins Hirn brennt und eine Story, hinter der "irgendwie" mehr zu stecken scheint ...
Nach einem mit Unterbrechung rund sieben Jahre dauernden Entstehungsprozess wurde vor einigen Tagen zum 25-jährigen Jubiläum des Films Scotts definitiver Final Cut veröffentlicht und als definitiv ist auch das komplette Set zu bezeichnen, in dem das Ganze kommt: Nicht weniger als die (jetzt) fünf bekannten Schnittfassungen und mehrere Stunden Bonusmaterial lassen wirklich keine Wünsche mehr offen und beleuchten das "Phänomen Blade Runner" in allen Facetten [siehe letzter Satz meines KOH-Beitrages]. Spiegel Online hat dies außerdem zum Anlass genommen, ein Interview mit dem Meister zu führen, in dem er seine Sicht der Dinge offen & ehrlich darstellt — lesenswert! Man kann es grundsätzlich wohl als glückliche Schlamperei bezeichnen, dass eine 1988 gegebene Freigabe zum "Verschrotten" der Original-Filmnegative nie ausgeführt wurde ...
Nach chronologischem Durchsehen der einzelnen Fassungen ist der Final Cut für meine Begriffe tatsächlich final, da er quasi evolutionär die Stärken seiner Vorgänger beinhaltet und gleichzeitig deren (m.M.n.) Schwäche[n] sowie kleine Fehler & Ungereimtheiten eliminiert wurden. Dass dabei sehr behutsam, mit viel Sachverstand und auch Rücksicht auf die von der weltweiten Fangemeinde im Laufe der Zeit sog. "liebgewonnenen Schönheitsfehler" vorgegangen wurde, ist wohl zum wesentlichsten Teil dem FC- & Bonusmaterial-Produzenten Charles de Lauzirika zu verdanken.
Daneben war die ursprüngliche 1982er und Anfang der '90er bei einem US-Filmfestival aufgetauchte Filmrohfassung (der sog. Workprint, aus dessen positivem Echo schließlich der Entschluss zum DC hervorging) für mich am interessantesten: Neben den prominenteren Unterschieden (kein Happy End; [noch] keine Einhorn-Sequenz; nur ein [1] durchaus guter Off-Kommentar von Harrison Ford) bzw. der Logik dienenden Kleinigkeiten (bspw. Bryants Bericht, dass zwei Replikanten beim Eindringen ins Tyrell-Gebäude "frittiert" wurden [in den Kinoschnittfassungen war es dann nur noch einer ...]), vermittelt dieser vor allem durch die teilweise Verwendung alternativer Filmmusik (von Jerry Goldsmith, James Horner über Brian Eno/David Byrne bis hin zu The Ink Spots) ein andersartiges Gefühl. An dieser Stelle vielleicht schon mal drei Links, die einen im Falle des Falles umfassend mit allem versorgen, was man bezüglich Blade Runner wissen oder auch nicht wissen will ... Fanhype galore unter:
... des "BR-Gelehrten" Paul M. Sammon, der übrigens nicht nur im Bonusmaterial zu sehen, sondern auch beim hochinteressanten Audiokommentar des Workprints zu hören ist.
Circa ein Jahr nachdem Star Wars der Science-Fiction einen weltweiten Boom bescherte, sichert sich Drehbuchautor Hampton Fancher auf Vorschlag seines Freundes Brian Kelly eine Option auf das 1968 erschienene Buch "Do Androids Dream Of Electric Sheep?" des amerikanischen Autors Philip K. Dick. Kelly ist es auch, der den befreundeten, englischen Produzenten Michael Deeley und damit schließlich Ridley Scott ins Boot holt. Dick, der seine literarische Hochzeit während der '60er hatte, ist der breiten Masse zu diesem Zeitpunkt genau wie sein Genre ernst zu nehmender, visionärer Sci-Fi-Literatur noch relativ unbekannt — basierend auf "DADOES?" wird das von Fancher und dem im Verlauf der Vorproduktion notwendigerweise hinzustoßenden David W. Peoples [auch Drehbuchautor von Twelve Monkeys] erstellte Skript die erste Adaption eines seiner Bücher. Dick selbst, ein großer "Hollywood-Skeptiker", ist durchaus enttäuscht, dass er darüber hinaus in keinster Weise an der Produktion beteiligt wird und erst nach einer Einladung Scotts zum Set und der Sichtung von bereits gedrehtem Material von dem Projekt überzeugt — leider verstirbt er nur wenige Monate vor der Veröffentlichung des Films ...
Dass dessen Entstehungsprozess fast ebenso faszinierend ist wie das Endprodukt selbst, hat verschiedene Gründe — am schönsten fasst es wohl Cutter Terry Rawlings zusammen: "You know, the terrible thing about Blade Runner was it was being made for people who didn't understand what it was about." Damit sind recht unzweideutig die beiden Geldgeber bzw. Rechteinhaber Jerry Perenchio & Bud Yorkin gemeint. Der selbstbewusste Engländer Scott lässt sich davon bei seinem ersten Spielfilm "made in Hollywood" (nach The Duellists und dem großen Erfolg Alien seinem dritten überhaupt) allerdings kaum beeinflussen; auch nicht von der amerikanischen Filmcrew oder den widrigen Umständen beim teilweise spannungsgeladenen Dreh. Letztere kommen budgetbedingt nicht ganz ungelegen, um optische Mängel des Sets zu kaschieren — Scott umschreibt dies in der Form, dass "meine Waffen Nacht, Regen und viel Rauch" waren. Aber letztlich ist es genau das, was die einzigartige, beklemmend-dystopische Atmosphäre ausmacht und das Los Angeles des Jahres 2019 zu einer urbanen Hölle werden lässt. Scotts Vergangenheit als sehr erfolgreicher Werbefilmer tritt u.a. im Detailreichtum und seinem Spiel mit Licht & Schatten zum Vorschein; das futuristische Konzeptdesign von Syd Mead, grandiose optisch-analoge visuelle Effekte und eine diesen in nichts nachstehende Filmmusik des griechischstämmigen Elektro-Pioniers Vangelis tragen außerdem zu einer Zeitlosigkeit & Frische dieses Films bei, wie ich sie bisher nur selten erlebt habe.
Diese fast schon makellose audio-visuelle Symbiose sollte in der Rezeption des Films allerdings nicht dessen eigentliche Handlung & Thematik überstrahlen — die Vieldeutigkeit des stets wiederkehrenden Augenmotivs kann auch darauf wunderbar angewendet werden. Philip K. Dicks Roman wirft Fragestellungen auf, die heute nach wie vor aktuell und hochinteressant sind und von diesem 'Sci-Fi Film Noir' m.M.n. hervorragend transportiert werden: Was macht es aus, menschlich zu sein? Was & wer ist real oder künstlich? Was bedeuten diese Eigenschaften für das Individuum? Der Replikantenjäger a.k.a. 'Blade Runner' Deckard (Harrison Ford) steht letztendlich in genau diesem Spannungsfeld zwischen seinem Auftrag, dessen Erfüllung ihn quasi zwingt, genauso emotionsarm-instinktgetrieben vorzugehen wie seine Opfer dies tun und der Zuneigung/Beziehung zu [der künstlichen] Rachael (Sean Young in einer ihrer ersten Rollen). Nicht umsonst wird die Gleichung "Deckard = Replikant?" bis heute kontrovers diskutiert, wie bspw. auch das Cinefacts-Forum zeigt [in dem ich meinen Standpunkt dazu u.a. hier klargemacht habe]. Dass beide Seiten jeweils nachvollziehbare Argumente liefern können, halte ich für eine wahrlich geniale Eigenschaft des Films.
Und obwohl dieser einige große Momente zu bieten hat (Rutger Hauer als Roy Batty ...), ist es Edward James Olmos' rätselhafter Charakter Gaff und die Bedeutung bzw. Intonation des von ihm gegen Ende folgenden Zitats, die mich jedes Mal ehrfürchtig vor dem Schirm zurücklässt:
Es gibt Filme, die ihre Magie & Anziehungskraft über all die Jahre nicht verlieren und dazu gehört eindeutig Blade Runner. Wann meine erste Sichtung war, erinnere ich leider nicht mehr (bin mir nur relativ sicher, dass es vor dem Director's Cut von 1992 war) — an was ich mich aber erinnere, ist diese unglaublich dichte visuelle & akustische Atmosphäre, die sich einem ins Hirn brennt und eine Story, hinter der "irgendwie" mehr zu stecken scheint ...
Nach einem mit Unterbrechung rund sieben Jahre dauernden Entstehungsprozess wurde vor einigen Tagen zum 25-jährigen Jubiläum des Films Scotts definitiver Final Cut veröffentlicht und als definitiv ist auch das komplette Set zu bezeichnen, in dem das Ganze kommt: Nicht weniger als die (jetzt) fünf bekannten Schnittfassungen und mehrere Stunden Bonusmaterial lassen wirklich keine Wünsche mehr offen und beleuchten das "Phänomen Blade Runner" in allen Facetten [siehe letzter Satz meines KOH-Beitrages]. Spiegel Online hat dies außerdem zum Anlass genommen, ein Interview mit dem Meister zu führen, in dem er seine Sicht der Dinge offen & ehrlich darstellt — lesenswert! Man kann es grundsätzlich wohl als glückliche Schlamperei bezeichnen, dass eine 1988 gegebene Freigabe zum "Verschrotten" der Original-Filmnegative nie ausgeführt wurde ...
If only you could see what I've seen with your eyes ...
Nach chronologischem Durchsehen der einzelnen Fassungen ist der Final Cut für meine Begriffe tatsächlich final, da er quasi evolutionär die Stärken seiner Vorgänger beinhaltet und gleichzeitig deren (m.M.n.) Schwäche[n] sowie kleine Fehler & Ungereimtheiten eliminiert wurden. Dass dabei sehr behutsam, mit viel Sachverstand und auch Rücksicht auf die von der weltweiten Fangemeinde im Laufe der Zeit sog. "liebgewonnenen Schönheitsfehler" vorgegangen wurde, ist wohl zum wesentlichsten Teil dem FC- & Bonusmaterial-Produzenten Charles de Lauzirika zu verdanken.
Daneben war die ursprüngliche 1982er und Anfang der '90er bei einem US-Filmfestival aufgetauchte Filmrohfassung (der sog. Workprint, aus dessen positivem Echo schließlich der Entschluss zum DC hervorging) für mich am interessantesten: Neben den prominenteren Unterschieden (kein Happy End; [noch] keine Einhorn-Sequenz; nur ein [1] durchaus guter Off-Kommentar von Harrison Ford) bzw. der Logik dienenden Kleinigkeiten (bspw. Bryants Bericht, dass zwei Replikanten beim Eindringen ins Tyrell-Gebäude "frittiert" wurden [in den Kinoschnittfassungen war es dann nur noch einer ...]), vermittelt dieser vor allem durch die teilweise Verwendung alternativer Filmmusik (von Jerry Goldsmith, James Horner über Brian Eno/David Byrne bis hin zu The Ink Spots) ein andersartiges Gefühl. An dieser Stelle vielleicht schon mal drei Links, die einen im Falle des Falles umfassend mit allem versorgen, was man bezüglich Blade Runner wissen oder auch nicht wissen will ... Fanhype galore unter:
... des "BR-Gelehrten" Paul M. Sammon, der übrigens nicht nur im Bonusmaterial zu sehen, sondern auch beim hochinteressanten Audiokommentar des Workprints zu hören ist.
Can the maker repair what he makes?
Circa ein Jahr nachdem Star Wars der Science-Fiction einen weltweiten Boom bescherte, sichert sich Drehbuchautor Hampton Fancher auf Vorschlag seines Freundes Brian Kelly eine Option auf das 1968 erschienene Buch "Do Androids Dream Of Electric Sheep?" des amerikanischen Autors Philip K. Dick. Kelly ist es auch, der den befreundeten, englischen Produzenten Michael Deeley und damit schließlich Ridley Scott ins Boot holt. Dick, der seine literarische Hochzeit während der '60er hatte, ist der breiten Masse zu diesem Zeitpunkt genau wie sein Genre ernst zu nehmender, visionärer Sci-Fi-Literatur noch relativ unbekannt — basierend auf "DADOES?" wird das von Fancher und dem im Verlauf der Vorproduktion notwendigerweise hinzustoßenden David W. Peoples [auch Drehbuchautor von Twelve Monkeys] erstellte Skript die erste Adaption eines seiner Bücher. Dick selbst, ein großer "Hollywood-Skeptiker", ist durchaus enttäuscht, dass er darüber hinaus in keinster Weise an der Produktion beteiligt wird und erst nach einer Einladung Scotts zum Set und der Sichtung von bereits gedrehtem Material von dem Projekt überzeugt — leider verstirbt er nur wenige Monate vor der Veröffentlichung des Films ...
Dass dessen Entstehungsprozess fast ebenso faszinierend ist wie das Endprodukt selbst, hat verschiedene Gründe — am schönsten fasst es wohl Cutter Terry Rawlings zusammen: "You know, the terrible thing about Blade Runner was it was being made for people who didn't understand what it was about." Damit sind recht unzweideutig die beiden Geldgeber bzw. Rechteinhaber Jerry Perenchio & Bud Yorkin gemeint. Der selbstbewusste Engländer Scott lässt sich davon bei seinem ersten Spielfilm "made in Hollywood" (nach The Duellists und dem großen Erfolg Alien seinem dritten überhaupt) allerdings kaum beeinflussen; auch nicht von der amerikanischen Filmcrew oder den widrigen Umständen beim teilweise spannungsgeladenen Dreh. Letztere kommen budgetbedingt nicht ganz ungelegen, um optische Mängel des Sets zu kaschieren — Scott umschreibt dies in der Form, dass "meine Waffen Nacht, Regen und viel Rauch" waren. Aber letztlich ist es genau das, was die einzigartige, beklemmend-dystopische Atmosphäre ausmacht und das Los Angeles des Jahres 2019 zu einer urbanen Hölle werden lässt. Scotts Vergangenheit als sehr erfolgreicher Werbefilmer tritt u.a. im Detailreichtum und seinem Spiel mit Licht & Schatten zum Vorschein; das futuristische Konzeptdesign von Syd Mead, grandiose optisch-analoge visuelle Effekte und eine diesen in nichts nachstehende Filmmusik des griechischstämmigen Elektro-Pioniers Vangelis tragen außerdem zu einer Zeitlosigkeit & Frische dieses Films bei, wie ich sie bisher nur selten erlebt habe.
"More human than human" is our motto.
Diese fast schon makellose audio-visuelle Symbiose sollte in der Rezeption des Films allerdings nicht dessen eigentliche Handlung & Thematik überstrahlen — die Vieldeutigkeit des stets wiederkehrenden Augenmotivs kann auch darauf wunderbar angewendet werden. Philip K. Dicks Roman wirft Fragestellungen auf, die heute nach wie vor aktuell und hochinteressant sind und von diesem 'Sci-Fi Film Noir' m.M.n. hervorragend transportiert werden: Was macht es aus, menschlich zu sein? Was & wer ist real oder künstlich? Was bedeuten diese Eigenschaften für das Individuum? Der Replikantenjäger a.k.a. 'Blade Runner' Deckard (Harrison Ford) steht letztendlich in genau diesem Spannungsfeld zwischen seinem Auftrag, dessen Erfüllung ihn quasi zwingt, genauso emotionsarm-instinktgetrieben vorzugehen wie seine Opfer dies tun und der Zuneigung/Beziehung zu [der künstlichen] Rachael (Sean Young in einer ihrer ersten Rollen). Nicht umsonst wird die Gleichung "Deckard = Replikant?" bis heute kontrovers diskutiert, wie bspw. auch das Cinefacts-Forum zeigt [in dem ich meinen Standpunkt dazu u.a. hier klargemacht habe]. Dass beide Seiten jeweils nachvollziehbare Argumente liefern können, halte ich für eine wahrlich geniale Eigenschaft des Films.
Und obwohl dieser einige große Momente zu bieten hat (Rutger Hauer als Roy Batty ...), ist es Edward James Olmos' rätselhafter Charakter Gaff und die Bedeutung bzw. Intonation des von ihm gegen Ende folgenden Zitats, die mich jedes Mal ehrfürchtig vor dem Schirm zurücklässt:
It's too bad she won't live! But then again, who does ...?
1 Kommentar:
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